In diesen Tagen sorgt Verkehrsminister Alexander Dobrindt mit neuen Ideen wieder einmal für Schlagzeilen. Der CSU-Politiker plant einen Führerschein für Drohnen-Piloten und will den Gebrauch von unbemannten Flugobjekten strenger regulieren. Bis zum Ende gedacht sind Dobrindts Ideen aber noch nicht. Der Deutsche Modellflieger Verband (DMFV) sieht den Drohnen-Führerschein ebenfalls kritisch.
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Nach Nummernschildern für Elektroautos oder Alkohol-Wegfahrsperren will Alexander Dobrindt nicht nur auf der Straße, sondern auch im Luftraum für striktere Regeln und mehr Verkehrssicherheit sorgen. Der CSU-Politiker und Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur will einen Führerschein für Drohnen-Piloten einführen. Auch eine Kennzeichnungspflicht für Drohnen soll bald eingeführt werden. Im Rahmen des zunehmenden Drohnen-Booms spricht Dobrindt von einem Gefährdungspotenzial, dem künftig durch eine stärkere Reglementierung Einhalt geboten werden soll. Der Minister bezeichnet seine Ideen als Vorstoß, scheint sich im Detail allerdings kaum darüber im Klaren zu sein, dass es Vorschriften und gesetzliche Regelungen zum Umgang mit Drohnen bereits in gänzlicher Fülle gibt.
Private Drohnen nehmen ständig zu. Daraus entstehen neue Gefährdungspotentiale z.B. durch Kollisionen oder Abstürze. Ich werde die Nutzung von Drohnen deshalb neu regeln: Drohnen sollen zukünftig registriert werden, um den Eigentümer identifizieren zu können. Drohnen-Flüge in Wohngebieten, über Bundesfernstraßen, Eisenbahnlinien, Unglücksorten, Einsatzgebieten der Polizei oder Industrieanlagen werden verboten. Für den Betrieb von gewerblichen Drohnen werden zukünftig luftrechtliche Kenntnisse vorgeschrieben. (Minister Dobrindt, Quelle: bmvi.de)
Ob tatsächlich ein neues Gefährdungspotenzial durch Drohnen und Multikopter gegeben ist, wird vom Deutschen Modellflieger Verband deutlich in Frage gestellt: „Ohnehin ist die Behauptung, durch den vermehrten Betrieb von Drohnen entstünde eine neue Gefährdungslage, anhand objektiver Zahlen nicht überzeugend zu belegen.“ Tatsächlich gab es innerhalb der vergangenen Jahre nur einige Zwischenfälle, bei denen Drohnen abstürzten oder missbräuchlich verwendet wurden. Eine Dunkelziffer besteht freilich. Ob eine Kennzeichnungspflicht, Führerscheine oder stärkere Reglementierungen den vorsätzlich missbräuchlichen Einsatz von Multikoptern wirklich verhindern können, dürfte jeder für sich selbst beantworten können.
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Neue Regelungen im gewerblichen Gebrauch
Im Einzelnen spricht Dobrindt von zwei neuen Regelungen, die mit großer Wahrscheinlichkeit für Änderungen in der Luftverkehrsordnung (LuftVO) sorgen könnten. Die Änderungen zielen zum einen auf den gewerblichen Gebrauch und zum anderen auf die private Nutzung ab.
- In Bezug auf den gewerblichen Einsatz sollen nunmehr Flüge außer Sichtweite ermöglicht werden. Bisher war der Betrieb von Drohnen und Multikoptern (sprich unbemannten Flugsystemen) außerhalb der Sichtweite grundsätzlich verboten. Wie bisher sollen entsprechende Landesbehörden die Genehmigungen für den Betrieb von Drohnen – auch für Einsätze außer Sichtweite – erteilen.
- Gewerbliche Nutzer sollen nunmehr fliegerische und luftrechtliche Kenntnisse in einer Prüfung nachweisen und bei erfolgreichen Ergebnissen einen Führerschein erhalten. Die Lizenz zum Pilotieren soll vom Luftfahrtbundesamt erteilt werden. Nähere Details, etwa zum Preis oder zur Gültigkeit des Drohnen-Führerscheins, wurden vom Verkehrsminister noch nicht bekannt gegeben. Unbekannt ist auch, welche Anforderungen im Rahmen einer Prüfung gestellt werden (z.B. praktische oder theoretische Kenntnisse zum Steuern eines Multikopters).
- Gänzlich unbeeindruckt bleibt Dobrindt offensichtlich nicht, denn auf der Seite des BMVI heißt es weiterhin: „Unbemannte Luftfahrtsysteme bieten große Chancen zum Beispiel in der Landwirtschaft oder der Verkehrsüberwachung. Um diese Entwicklung zu unterstützen, werden ihre Einsatzmöglichkeiten erweitert.“ Was unter den erweiterten Einsatzmöglichkeiten für den gewerblichen Einsatz zu verstehen ist, wird nur mäßig kommuniziert und lässt auf weitere Regelungen in naher Zukunft schließen.
- Kennzeichen-Pflicht für gewerbliche Drohnen: Alle gewerblich genutzten Systeme ab einem Gewicht von 0,5 Kilogramm sollen künftig kennzeichnungspflichtig werden und eine Identifizierung – etwa nach einem Absturz – erleichtern.
Neue Regelungen im Rahmen der privaten Nutzung
In Bezug auf die private Nutzung von Drohnen beziehen sich die Neuregelungen insbesondere auf einen mäßigeren Umgang hinsichtlich Flughöhe und Einsatzort. Privat genutzte Modelle sollen nunmehr – unabhängig von Gewicht oder Art – maximal 100 Meter hoch fliegen dürfen.
- Private Drohnen-Flüge werden in einer Höhe von mehr als 100 Metern sowie außerhalb der Sichtweite des Steuerers verboten.
- Auch verboten sind: Flüge über Industrieanlagen, Justizvollzugsanstalten, militärischen Anlagen, Menschenansammlungen, Unglücksorten oder Katastrophengebieten und Einsatzorten von Polizei oder anderen Sicherheitsbehörden oder –organisationen, Kraftwerken und Anlagen der Energieerzeugung und –verteilung sowie Bundesfernstraßen und Eisenbahnlinien.
- Kennzeichen-Pflicht für private genutzte Drohnen: Alle privat genutzten Systeme ab einem Gewicht von 0,5 Kilogramm sollen künftig kennzeichnungspflichtig werden und eine Identifizierung – etwa nach einem Absturz – erleichtern.
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Viel Rauch um Nichts?
Prinzipiell kann ein mäßiger und verantwortungsvoller Umgang mit Drohnen begrüßt werden. Auch Dobrindts Idee, Luftfahrtsysteme in der Landwirtschaft und anderen Einsatzbereichen zu fördern, ist lobenswert. Allerdings fehlt es an objektiven Studien und Zahlen, die ein erhöhtes Gefahrenpotenzial durch Drohnen innerhalb des Luftraums untermauern könnten. Darüber hinaus ist es schlichtweg falsch, Dobrindts Ideen als Vorstoß zur Drohnen-Reglementierung zu bezeichnen. Im Rahmen der Luftverkehrsordnung (LuftVO) als auch des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) haben bereits zahlreiche Vorschriften, Regeln und Gesetze Bestand. Beispielsweise sind Drohnen, die ausschließlich zum Zweck des Sports oder der Freizeitgestaltung (§ 1 Absatz 2 Satz 3 Luftverkehrsgesetz) genutzt werden und weniger als fünf Kilogramm wiegen, von einer Erlaubnispflichtigkeit gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 7 LuftVO befreit. Eine Kennzeichnungspflicht besteht nicht. Lediglich der Schutz durch eine Haftpflichtversicherung muss gewährleistet werden. Im Rahmen von einer gewerblichen Nutzung mussten Piloten bislang eine allgemeine oder besondere Aufstiegsgenehmigung bei den entsprechenden Landesbehörden beantragen. „Es besteht in Deutschland ein umfassendes Regelungswerk, welches den Einsatz von Drohnen reglementiert und die Rechtsgüter Dritter schützt. Insbesondere sind auch die häufig angeführten Fälle von Verletzungen der Persönlichkeitsrechte Dritter nicht durch Fakten belegt – zumal die Gesetzeslage diese schon jetzt umfassend wahrt“, meint der DMFV.
Der Modellflugverband sieht weitere Reglementierungen für Hobby- und Freizeit-Piloten aber auch deshalb kritisch, weil sich Dobrindts Forderungen insbesondere gegen den in Deutschland traditionell stark verankerten Modellflugsport und die damit verbundene Vereins- und Jugendarbeit richten. So ist sich der Verein mit seinen mehr als 85.000 Mitgliedern sicher, dass die Einführung einer 100-Meter-Obergrenze für den Betrieb von Flugmodellen zu einer Existenzgefährdung des Modellflugsports in Deutschland führen würde. Was Dobrindts Forderungen wirklich mit sich bringen bleibt also abzuwarten. Schon allein deshalb, weil sie zu oberflächlich sind und keine Aufklärung, sondern nur Verwirrung stiften.