In zahlreichen Foren wird seit vergangener Woche vielfach die Frage diskutiert, ob sich der Wechsel auf die neuen Zenmuse-Kameras lohnt und welche Zielgruppe DJI Innovations mit den neuen MFT-Kameras ansprechen will. Entsprechend sind die Meinungen unterschiedlich und je nach Bedürfnis in Sachen Luftfotografie- und Luftcinematografie anders zu werten. Wir haben Vor- und Nachteile der neuen Zenmuse-Systeme zusammengefasst und wollen auf einige Features und gegenwärtige wie kommende Probleme hinweisen.
Tipp: Weitere Vor- und Nachteile können unsere Leser im Kommentarfeld (siehe ganz unten) posten oder im DJI Inspire-Forum auf www.Drohnen-Forum.de diskutieren: https://www.drohnen-forum.de.
DJI Zenmuse X5/X5R: Besser als X3?
Einige Leser und Foren-Mitglieder stellen sich die Frage, welche Unterschiede zwischen der neuen X5-/X5R-Kamera und der alten X3-Kamera bestehen. Außerdem steht häufiger die Frage im Raum, ob sich die Aufrüstung auf Zenmuse X5 wirklich lohnt und mit welchen Verbesserungen oder Verschlechterungen man kameraseitig zu rechnen hat.
Mehr Infos, Features und Optionen unter folgendem Link: DJI Zenmuse X5/X5R
Kürzere Flugzeit – wirklich wichtig?
Bei der Diskussion um die neuen Zenmuse-Systeme wird immer wieder die deutlich kürzere Flugzeit dank höherem Payload (Zusatzgewicht) angebracht. Wir schätzen, dass die Flugzeit des DJI Inspire 1 in Kombination mit der Zenmuse X5/X5R-Kamera bei rund 12 Minuten (TB47-Akku) bzw. 14 Minuten (TB48-Akku) liegen wird. Mit der bisherigen X3-Kamera und unter Verwendung eines serienmäßigen TB47-Akkus gibt der Hersteller eine optimistische Flugzeit von 18 Minuten an, die unter realen Witterungs- und Einsatzbedingungen zumeist rund zwei Minuten weniger beträgt. Damit konnten sich die meisten Anwender eines DJI Inspire 1 bislang abfinden. Zähneknirschen bereitet die zu erwartende Flugzeit mit einer X5-Kamera, auch wenn sie nicht extrem geringer ausfallen dürfte, als es bisher sowieso schon der Fall war.
Doch bei der tatsächlichen Nutzung eines solchen Systems stellt sich die Frage, ob zwölf oder 14 Minuten gerade noch ausreichen, um Luftbilder- oder Luftvideos zu produzieren. Sicherlich schadet eine höhere Flugzeit auch dem Inspire 1 nicht – nur handelt es sich eben um ein qualitativ hochwertigeres Produkt, das innerhalb der DJI-Produktpolitik zunehmend auch als Profi-System – oder wenigstens als semiprofessionelles System – verkauft wird. Das vermittelt auch der recht happige Preis, der aber auch mit 3.200,- Euro für das X3-Einstiegsmodell nicht gerade erschwinglich ist. Ein Langstreckenläufer ist der Inspire 1 trotz des Lightbridge-Systems sowieso nicht. Wer sich den Inspire 1 zulegt, wird es in der Regel auf eine gute Foto- und Videoqualität abgesehen haben, nicht jedoch auf den Flugspaß an sich oder längere FPV- und Waypoint-Missionen. Für letzteres sind die neuen DJI Phantom 3-Modelle mit Flugzeiten von 25 bis 30 Minuten zwar auch nicht über dem Durchschnitt aufgestellt, aber schon eher prädestiniert. Abgesehen davon darf man nicht vergessen, dass immer noch die Möglichkeit zum Kauf von zusätzlichen Inspire 1-Akkus besteht. Wer in den Inspire 1 investiert, wird auch die ein oder anderen Zusatzkosten für Ersatzakkus oder ein Multi-Ladegerät mit hoher Wahrscheinlichkeit getrost in Kauf nehmen können.
Vertraute Technik?
Freilich gibt es nur spärliche Erfahrungsberichte, was die neuen MFT-Kameras aus der neuen Zenmuse X5-Serie betrifft. Rein technisch unterscheiden sich die X5- und X5R-Kamera sowie die möglichen Wechsel-Objektive allerdings kaum von bereits existierenden Setups, weshalb man durchaus von einer sehr hohen Kameraqualität auf erfahrungsgemäß sehr hohem MFT-Niveau ausgehen darf. Bei der Bewertung einer Kamera spielt immer der Maßstab eine gewichtige Rolle, der hier zwar immer noch unter konventionellen Cinema- und System-Kameras, aber dennoch deutlich über dem Niveau von hochwertigen Action- und Kompaktkameras liegen dürfte.
Immerhin hat DJI mit der Zenmuse X3-Kamera schon ganze Arbeit geleistet und viele Kunden zufriedengestellt. Auch diese Kamera ist technisch keine Eigenentwicklung, sondern nur optisch an die DJI-typischen Gestaltungsvorgaben angepasst. Diesen Eindruck untermauert schon allein der verwendete CMOS-Bildsensor aus der Exmor-Familie von Sony. Letztlich verwendet DJI bereits bewährte Kamera-Technik und baut eigene Kamera-Systeme nach aktuellem Standard auf. Das ist sicherlich bei der neuen X5- oder X5R-Kamera kaum anders. Zudem: Dass es sich beim neuen DJI MFT-Objektiv aus der Zenmuse X5-Serie um ein höchstwahrscheinlich umgelabeltes Lumix-Objektiv von Panasonic mit etwas anders gestaltetem Blenden- und Fokus-Ring handelt, verraten die sehr ähnlichen Spezifikationen wie Gewicht, Brennweite, Blende, Sichtfeld und Linsenaufbau.
Achtung Beta-Tester!
Dennoch: DJI hat auf dem Gebiet der Micro Four Thirds-Technologie noch kaum Erfahrungen gesammelt. Kleinere Kinderkrankheiten können die neuen Zenmuse X5-Systeme in puncto Kamera und Bildqualität durchaus mit sich bringen. Hier sind schnell verfügbare Firm- und Software-Updates sowie ein umfassender und kompetenter DJI-Support gefragt, damit sich langjährige DJI-Anwender durch etwaige Kinderkrankheiten nicht vergraulen lassen oder sich zum Beta-Testen genötigt fühlen müssen.
In Sachen Ausgleichssystem können wir die Sorgen vieler Inspire-Anwender nicht wirklich nachvollziehen: DJI hat sich mit den Zenmuse-Systemen ein vieljähriges Know-how angelernt, das selbst Handheld-Gimbals wie den DJI Ronin M besonders beliebt macht. Dieser universell einsetzbare Handheld-Gimbal begeistert Profis aus TV- und Kinoproduktionen nicht nur in Sachen Materialqualität, sondern auch in puncto Funktionsweise, Aufbau, Features und Genauigkeit. Hier hat DJI seine Hausaufgaben gemacht und nichts anderes wird man beim neuen DJI Zenmuse X5-Gimbal erwarten können.
https://vimeo.com/125702593
Was MFT-Kameras so besonders macht
Bei näherer Betrachtung sind die 16- statt 12-Megapixel der neuen DJI Zenmuse X5/X5R-Kamera die auffälligste Änderung. Doch die neuen Zenmuse-Kameras können weitaus mehr als das, weshalb die reine Bildauflösung nahezu nebensächlich erscheint. Sowohl X5 als auch X5R weisen zum Beispiel nicht nur einen deutlich höheren Dynamikumfang, sondern auch einen ISO-Wert von bis zu 25.600 auf. Derart hohe Werte werden sicherlich mit einem hohen Bildrauschen einhergehen. Dennoch verspricht der MFT-Sensor eine deutlich höhere Lichtempfindlichkeit als die X3-Kamera, so dass Luftaufnahmen auch bei schlechteren Lichtbedingungen gelingen dürften.
Für den Anfang gewährleistet DJI die Nutzung von drei unterschiedlichen Objektiven – das DJI MFT 15mm f/1.7 ASPH, das Panasonic Leica DG Summilux 15mm f/1.7 ASPH und das weitwinklige Olympus M.ZUIKO DIGITAL ED 12mm 1:2.0. Damit stehen also insgesamt drei Festbrennweiten zur Verfügung, von denen sich zwei besonders ähneln und in Sachen Bildqualität kaum unterschiedlich ausfallen dürften. Einen weiteren Vorteil findet man in Sachen Sichtfeld, das mit 72° (DJI MFT und Panasonic Summilux) bzw. 84° (Olympus M.Zuiko) nochmals geringer ausfällt und Fotos natürlicher aussehen lässt. Zwar ist die Auswahl noch klein, doch im Gegensatz zur X3-Kamera bieten X5- und X5R-Kamera sowie die möglichen Objektive allesamt die Möglichkeit, sowohl Blenden- als auch Fokuswerte individuell einzustellen. Die einstellbare Blende bietet den Vorteil, dass bei der Beeinflussung von Belichtungszeiten keine ND-Filter mehr benutzt werden müssen, während die einstellbare Fokussierung per Fernbedienung oder DJI GO-App mehr Freiraum bei der individuellen Darbietungsform und Videoproduktion lässt. Das ist zwar keine Innovation, aber in der semiprofessionellen Luftbild-Cinematografie eben noch relativ selten, wenn man nicht unbedingt deutlich teurere Multikopter (DJI S900/DJI S1000) samt Spiegelreflex- oder Systemkameras verwenden möchte.
Warum DJI keine Zoom-Objektive anbietet, dürfte mehr oder weniger auf der Hand liegen. Zum einen scheint der X5-Gimbal mit seinen Brushless-Motoren für vorderlastigere Setups nicht ausgelegt zu sein, zum anderen bräuchte ein am Kopter verwendetes Objektiv mit Normalbrennweiten im mittleren Bereich trotz gutem Ausgleichssystem, perfekt abgestimmter Antriebskomponenten und entkoppelter Kamera zusätzlich einen angemessenen Bildstabilisator, wobei letzterer zweifelsohne die Kosten um ein Weiteres nach oben drücken würde. Vielleicht kommt auch der Tag, an dem DJI weitere Linsen für die X5- und X5R-Kamera anbieten wird. Eins darf man jedenfalls festhalten: Mit den vergleichsweise leichten MFT-Kameras, die im Gegensatz zu konventionellen Profi-Kameras ohne Blitzschuh und Handgriff daherkommen und allein aufgrund des MFT-Standards extrem kompakt sind, bietet DJI eine interessante Lösung im gehobenen Preissegment, bei der es nicht allein um einzelne Fakten und technische Spitzfindigkeiten geht, sondern bei der vielmehr das große Ganze im Blick gehalten werden muss. Übrigens: Wird die X5- und X5R-Kamera mit dem kommenden DJI Camera Mount (Handheld-Gimbal) kompatibel sein, bietet DJI auch die Option, die vergleichsweise teure Zusatzoption auch als Standalone-Kamera zu nutzen.
DJI MFT 15mm f/1.7 ASPH: Wahlweise kann man sich auf ein von DJI entwickeltes MFT-Objektiv mit 15 Millimetern Brennweite und einer maximalen Blendenöffnung von 1.7 entscheiden. Das ist auch das Standard-Objektiv, das beispielsweise beim neuen DJI Inspire 1 Pro (Professional) mit zum Lieferumfang gehört. Einzeln schlägt das DJI MFT 15mm f/1.7 ASPH mit mindestens 659,- Euro (UVP) zu Buche. |
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Panasonic Leica DG Summilux 15mm f/1.7 ASPH: Wer will, kann sich auch für das Panasonic Leica DG Summilux-Objektiv entscheiden. Es verfügt ebenfalls über asphärische Linsen, eine maximale Blendenöffnung von f/1.7 sowie über eine Brennweite von 15 Millimetern. Die Festbrennweite ist bekannt für ihr sehr robustes Metallbajonett und ihre hohe Lichtstärke. Es schlägt mit mindestens 479,- Euro (UVP: 599,- Euro) zu Buche. |
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Olympus M.ZUIKO DIGITAL ED 12mm 1:2.0: Abgesehen vom DJI- und Panasonic-Objektiv kann die X5-Kamera auch mit dem M.ZUIKO DIGITAL ED 12 mm 1:2.0 von Olympus betrieben werden. Das Weitwinkelobjektiv zeichnet sich durch eine Brennweite von 12 Millimetern aus und verfügt über ein hochwertiges Metallgehäuse. Außerdem ist das Olympus-Objektiv durch einen High-Speed-Autofokus mit MSC-Technologie und einer hervorragenden Bildqualität charakterisiert. Es schlägt mit mindestens 654,90 Euro (UVP: 839,- Euro) zu Buche. |
Man darf das große Ganze nicht vergessen
Wenn wir also von Spitzfindigkeiten wie der zugegebenermaßen sehr geringen Bitrate im Vergleich zur GH4 oder der sehr geringen Bildfrequenz im 4K-Betrieb reden, dürfen wir nicht den Komfort außer Acht lassen. Der DJI Inspire 1 in Verbund mit den verwendeten Zenmuse X5-Kameras hat Ecken und Kanten, soviel wird man zugeben müssen. Doch selbst professionelle Anwender lieben die DJI-typischen Features und Sonderfunktionen, die man mit dem Inspire 1 geradezu auf dem Silbertablett serviert bekommt. Abstriche kann man zum Beispiel in Kauf nehmen, wenn man sich das Abfluggewicht unterhalb der 5-Kilogramm-Grenze oder das bereits integrierte Lightbridge-System vor Augen führt. Die DJI GO-App ermöglicht das Steuern und Pilotieren auch für solche ambitionierten Videoproduzenten, die mit dem Zusammenbau oder der Technik von Multikoptern nicht besonders viel am Hut haben.
Einen Nachteil sehen viele Kritiker in der ausbleibenden Redundanz, die zumindest von den österreichischen Behörden je nach Einsatzzweck und Einsatzort bei der Genehmigung von gewerblichen Flügen zwingend erforderlich ist. Dennoch ist der Sinn und Zweck von redundanten Systemen – zumal die Bauform nicht ausreicht, sondern auch alle anderen Komponenten redundant ausgelegt sein müssen – nicht unumstritten und insoweit bei einem zuverlässigen Multikopter aus der Großserienfertigung samt hochwertigen Komponenten (Motoren, Regler, Propeller, intelligente Akkus) sowie einer angemessenen und vorsichtigen Flugweise auch nicht unbedingt notwendig. Insofern darf man das kompakte Gesamtsystem des DJI Inspire 1 mitsamt Landegestell-Mechanismus und der Möglichkeit, den Kopter schnell von A nach B zu transportieren, nicht völlig außer Acht lassen und muss den Komfort bei der Bewertung unbedingt mit einbeziehen. Im Detail muss man sicherlich mit kleineren Abstrichen rechnen, doch immerhin hat DJI sein Versprechen eines modularen Multikopter-Systems eingehalten und bietet für den Anfang ein durchaus gelungenes Setup, das sicherlich Auswirkungen auf andere Hersteller und zukünftige Produkte – etwa dem DJI Inspire 2 – haben wird.
DJI Inspire 1 kaufen?
Letztlich spielt natürlich das verfügbare Budget eine sehr gewichtige Rolle, das je nach Anwender und Einsatzzweck auf völlig unterschiedlichem Niveau liegen kann. Entsprechend unterschiedlich kann man auch das Preis-Leistungs-Verhältnis bewerten. Während sich der eine getrost den DJI Inspire 1 Professional leisten kann, ist für den anderen selbst die normale X3-Variante zu teuer. Auch faktisch sind die Ansprüche derart unterschiedlich, dass man keine allgemeine DJI Inspire-Kaufberatung geben kann. Aber man kann festhalten, dass sich der Inspire 1 ohne Zweifel noch einmal weiterentwickelt hat und die neuen Zenmuse-Systeme – gemessen auf dem Niveau eines Ready To Fly-Multikopters – mit aller Sicherheit keine schlechten Ergebnisse abliefern werden.