In puncto Drohnen-Einsatz startet das Logistik-Unternehmen DHL einen bislang einzigartigen Feldversuch: Völlig autonom darf ein Quadrokopter unter Alltagsbedingungen Medikamente von A nach B transportieren. Mit dem weiterentwickelten DHL-Paketkopter 2.0 ist das Unternehmen zuversichtlicher denn je.
Als der US-Riese Amazon Ende 2013 erste Pläne zum Transport von Waren mittels Drohnen veröffentlichte, glaubte niemand wirklich an eine Paketzustellung via Drohne. Doch die Logistik-Branche scheint derart von der Drohnen-Idee begeistert zu sein, dass hiesige Logistik-Unternehmen mehr und mehr um die führende Rolle in Sachen Drohnen und Co. wetteifern. Eine Vorreiter-Stellung könnte der Paket- und Brief-Express-Dienst DHL einnehmen, der mit dem „Paketkopter 2.0“ erstmals einen zivilen Drohnen-Einsatz unter realen Alltagsbedingungen durchführt und testet.
Völlig autonom von Norden nach Juist
Schon seit 2013 leitet die Deutsche Post AG ein Forschungsprojekt zu Flugsystemen derlei Art. Auch im vergangenen Jahr gab es über dem Rhein erste Erprobungsversuche mit dem so genannten DHL-Paketkopter. Der nun eingesetzte Quadrokopter wurde seitdem weiterentwickelt und in Sachen Flugzeit, Reichweite, Geschwindigkeit, Traglast sowie Zuverlässigkeit optimiert. Der DHL-Paketkopter 2.0 soll dank dieser Verbesserungen in der Lage sein, Lieferungen von der niedersächsischen Hafenstadt Norden zur Nordsee-Insel Juist völlig autonom und außerhalb der Sichtweite von Menschen zu transportieren.
12 Kilometer Distanz: Von der Bodenstation überwachter Autopilot
Zwischen Abflug- und Zielort liegt eine Distanz von rund zwölf Kilometern. Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 18 Metern pro Sekunde (rund 64,8 Kilometer pro Stunde) und in einer Höhe von knapp 50 Metern soll der Paketkopter Medikamente zur „Seehund“-Apotheke auf Juist überbringen und benötigt – abhängig von den Witterungsbedingungen und der Zuladung – rund 15 Minuten je Hin- und Rückweg. Die Ladung wird in einem tropfenförmigen Behälter deponiert, der sich unter der knapp fünf Kilo schweren Drohne befindet. Die Medikamente werden auf einem eigens eingerichteten Paketkopter-Landeplatz aus dem Behälter der Drohne entnommen und können dann in der „Seehund“-Apotheke abgeholt werden.
DHL betont, dass vom Start bis zur Landung keinerlei Eingriffe in die Steuerung erforderlich sind. Der eigens entwickelte Autopilot übernimmt sogar Start und Landung, wird aber durch eine Bodenstation während der Flugphasen stets überwacht. Die Bodenstation in Norddeich steht im ständigen Kontakt mit der örtlichen Flugsicherung. Außerdem garantiert DHL, dass der Quadrokopter mittels Bodenstation schnell und in Echtzeit auch manuell gesteuert werden kann und dass bei technischen Fehlfunktionen unverzüglich eingegriffen wird. Sollte es dennoch zu einer unerwarteten Landung in der See oder auf dem Festland kommen, soll das GPS-Signal der Drohne bei der Ortung helfen. Der Behälter, in dem sich die Medikamente befinden, sei indes wetter-, stoß- und wasserfest.
Regulärer Betrieb ist Forschungsprojekt zugleich
Speziell für den Forschungsbetrieb mussten DHL sowie die Entwicklungspartner einige Genehmigungen erhalten. Dafür zeigten sich vor allem das niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie die Deutsche Flugsicherung (DFS) verantwortlich, die dem DHL-Paketkopter 2.0 ein einmaliges und exklusives Flugbeschränkungsgebiet einrichteten. Neben der Inselgemeinde Juist und der Stadt Norden hat auch die Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer den Einsatz des Kopters genehmigt.