Immer häufiger werden Drohnen im Dienste der Wissenschaft eingesetzt. Während die unbemannten Flugobjekte auch im gewerblichen und kommerziellen Einsatz immer mehr Möglichkeiten eröffnen, stehen sie als wegweisende Technologie schon längst im Fokus von wissenschaftlichen Forschungsprojekten. Aktuell wollen Forscher Drohnen einsetzen, um Feinstaub-Partikel zu messen und auf ihre Größe hin zu untersuchen. Ein erster Testlauf im Oktober versprach bereits viel.
Feinstaubverordnung zur Verbesserung der Luftqualität?
Die Minipartikel nennen sich umgangssprachlich Feinstaub, in der Wissenschaft kennt man die Partikel unter dem Begriff der Aerosole. Die Definition des Feinstaubs geht auf die US-amerikanische Umweltschutzbehörde EPA zurück, die den Feinstaub als ein Teil des Schwebstaubs schon im Jahre 1987 und im Sinne des damals eingeführten „National Air Quality“-Standards konkretisierte. In Deutschland ist der Begriff des Feinstaubs vor allem durch die so genannte Feinstaubplakette populär geworden. Im Rahmen der Verordnung zur Kennzeichnung emissionsarmer Kraftfahrzeuge (Kennzeichnungsverordnung) nach § 40 Abs. 3 des Bundesimmissionsschutzgesetzes soll dazu beigetragen werden, die in den Städten als zu hoch empfundene Feinstaubbelastung zu reduzieren. Die Feinstaubverordnung sieht die Einrichtung von Umweltzonen in Deutschland vor, um Grenzwerte für Stickstoffoxide und Feinstaub einzuhalten und damit die Luft rein zu halten. Die so genannte Feinstaubverordnung trat am 01. März 2007 in Kraft und führte letztlich dazu, dass Fahrzeuge mit konformer Euro-Abgasnorm und entsprechenden technischen Prämissen (Katalysator oder Rußfilter) lediglich in analogen Umweltzonen einfahren dürfen. Damit einhergehend wurde die Feinstaubverordnung immer häufiger kritisiert, da eine Verbesserung der Luftqualität in den meisten wissenschaftlichen Studien nicht zu erkennen war.
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Größe und Konzentration des Feinstaubs ist ausschlaggebend
Ob die städtischen Umweltzonen nun etwas bringen, wird noch immer durch derartige Studien untersucht. Denn trotz Umweltzonen überschreiten – gerade in den kalten Herbst- und Wintermonaten – die Feinstaub-Konzentrationen die zulässigen Grenzwerte der Regionen. Den meisten Umweltzonen-Gegnern sind vor allem Verschlechterungen der Luftqualität durch Heizungen, Öfen und Kraftwerke ein Argument, den Nutzen der Umweltzonen in Frage zu stellen. Doch bei der Definition von Feinstaub gibt es eklatante Unterschiede, die nicht zuletzt in dessen Feinheit auszumachen sind. So ist der Ruß eines Dieselmotors deutlich feiner als der Staub eines Kraftwerks – und damit auch besonders gefährlich.
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Jüngst veröffentlichte die Fachzeitschrift „The Lancet“ eine Studie, die sich vor allem mit der Gefährlichkeit für Lungen und Kreislauf beschäftigt und darauf hindeutet, dass die Feinstaub-Konzentrationen auch unterhalb der EU-Grenzwerte gesundheitsschädlich sein könnten. Die Überblicksstudie fasst Ergebnisse von 22 europäischen Einzelstudien zusammen und betrifft die Daten von rund 367.000 Menschen in 13 westeuropäischen Ländern. Offenbar sollen selbst Feinstaub-Konzentrationen unterhalb dieser Grenzwerte das Risiko für einen verfrühten Tod deutlich erhöhen. Laut Studie soll die Sterbewahrscheinlichkeit bei einer Erhöhung der Feinstaub-Konzentration um fünf Mikrogramm pro Kubikmeter um sieben Prozent zunehmen. Innerhalb von 14 Jahren starben mehr als 29.000 der erfassten Menschen eines natürlichen Todes.
WHO: Neuer Grenzwert für Feinstaub-Partikel
Gerade die untersuchten Mikro-Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometer erhöhen die Gefahr, früher krank zu werden oder gar zu sterben. Zu den Gefahren durch Feinstaub-Belastungen zählen unter anderem Krebs, diverse Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Asthma oder Allergien. Seit 2008 gilt ein Grenzwert für Partikel von 2,5 Mikrometer, der mit 25 Mikrogramm pro Kubikmeter noch zu hoch angesetzt sein soll. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt deshalb einen Grenzwert von mindestens zehn Mikrogramm pro Kubikmeter. Für die Wissenschaftler ist es daher besonders wichtig, die Konzentration und Größe der Schwebeteilchen auszumachen.
Drohne ALADINA untersucht Konzentration und Größe von Schwebeteilchen

Foto: Holger Siebert/TROPOS
Das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung e.V. (TROPOS) in Leipzig, die Technische Universität Braunschweig sowie die Universität Tübingen testete im Oktober in der Nähe von Torgau (Sachsen) umbemannte Luftfahrzeuge (sprich Drohnen), um die schädlichen Aerosole auf ihre Größe und Konzentration hin zu untersuchen. Bereits in Melpitz bei Torgau, 50 Kilometer nordwestlich von Leipzig, unterhält das TROPOS eine Messstation, die Teil des globalen Erdbeobachtungssystem der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) ist und den Kern der jüngsten Wolkenmesskampagne bildet.

Foto: Holger Siebert/TROPOS
Nun testete man eine Drohne namens ALADINA vom Typ „Carolo P360“, die am Institut für Luft- und Raumfahrtsysteme der TU Braunschweig entwickelt wurde. Die Drohne verfügt über eine Spannweite von 3,6 Metern, wiegt lediglich 22 Kilogramm und kann damit bis zu 2,5 Kilogramm Nutzlast mit bis zu 80 Kilometern pro Stunde transportieren. Der eingebaute Akku ermöglicht eine Flugzeit von rund einer halben Stunde. Auf Grundlage dieser technischen Entwicklung rüsteten Wissenschaftler der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung in Leipzig leicht modifizierte Feinstaubmessgeräte nach. Die Messgeräte können Mikro-Partikel zwischen 0.3 und 5 Mikrometern erfassen. Zusätzlich stattete man die Drohne mit Turbulenz-, Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren aus, die ebenfalls von der Universität Tübingen entwickelt worden sind.

Foto: Holger Siebert/TROPOS
Samt umfangreicher Ausstattung kann das unbemannte Luftfahrzeug die Konzentration und Größe von Schwebeteilchen in bis zu 1.000 Metern messen und per Datenerfassungssystem direkt zur Bodenstation senden. Die Wissenschaftler wollten mit dem Flugzeug das Vorkommen und die Entstehung von neuen, sehr kleinen Partikeln in der Atmosphäre untersuchen. Bei den ersten Flügen wurden verschiedene Schichten mit erhöhter Aerosol-Konzentration durchflogen. Die Daten werden in den nächsten Monaten ausgewertet.
Kosteneinsparungen und minimaler Aufwand bei atmosphärischen Aerosol-Messungen
Mit dem Forschungsprojekt zeigt sich wieder einmal das Potential, das in den hochinnovativen Drohnen steckt. Dr. Birgit Wehner von TROPOS schätzt vor allem die Vorteile des wissenschaftlichen Drohnen-Einsatzes: „Unbemannte Flugzeuge könnten das Potenzial haben, bei atmosphärischen Aerosol-Messungen die Lücke zwischen Langzeitmessungen vom Boden und kostenintensiven Hubschraubermessungen zu schließen.“ Ähnlich der Überwachung von Bahngleisen und dem Aufspüren von Graffiti-Sprayern ermöglicht der Drohnen-Dienst im Sinne der Wissenschaft erhebliche Kosteneinsparungen mit minimalem Aufwand bezüglich Logistik und Planung. Damit sieht Dr. Wehner die Vor-Ort-Messung von Aerosolen als unumgängliche Ergänzung zu bisherigen Messungen, wobei letztere nach wie vor eine erhebliche finanzielle wie logistische Herausforderung darstellen.